Ein strahlend-schöner Tag. Blauer Himmel. In der Ferne lockt ein riesiges Märchenschloss. Shanghai Disneyland – Disney’s jüngster Park – weiß, wie es mich begeistert. Mit großem Grinsen auf dem Gesicht spaziere ich durch dieses wirklich zauberhafte Magic Kingdom. Vertraut ist es und doch ganz anders und neu. Viel erinnert an die Disneylands in den USA, in Frankreich und in Hong Kong, selbstverständlich. Doch haben Disney’s Zauberkünstler, die „Imagineers“, ihre Erfolgsformel deutlich ins 21. Jahrhundert gehievt – und das ziemlich erfolgreich.
Der Park ist groß, mit breiten Wegen, fast schon Boulevards. Das geht manchmal fast ein wenig zu Lasten eines gewissen Charmes und Gemütlichkeit. Doch verflixt viel wurde sehr, sehr richtig gemacht. Damit reiht sich Shanghai Disneyland in die Reihe der besten Disney Parks wie Animal Kingdom, Tokyo DisneySea oder Disneyland Paris ein.
Schauen wir aber mal auf das, was dieser beeindruckende Park so bietet:

Mickey Avenue
Erster Akt: die hübsche Mickey Avenue. Statt gewohnter Amerika-Nostalgie mit einer Main Street U.S.A., steht hier ein wortwörtlich bunter Mix an Gebäuden, welche die verschiedensten Disney Figuren feiern. Da ist Onkel Dagobert’s Tresor, Goofy’s Spielzeugladen, Minnie’s Süßwaren – aber auch vor leicht zu vergessende Figuren und klassische Cartoons wird sich verneigt, was diesen Disney Fan hier tief erfreut und ihn wie einen Irren mit der Kamera von Ecke zur Ecke rennen lässt. Bei Remy’s Boulangerie hole ich mir morgens eine Kleinigkeit – und tagsüber gelegentlich auch. Dann sitze ich entweder auf der Terrasse oder in den parkähnlichen Gardens of Imagination vor dem Schloss, wo Fantasia Karussell und Dumbo ihre Kreise drehen, und esse glücklich meinen Mickey Mouse Donut.
Der Themenbereich ist überschaubar, vor allem im direkten Vergleich mit den angrenzenden Ländern. Doch hier sprüht jede Menge Charme. Ein toller Auftakt zu Shanghai Disneyland…





Fantasyland
Gewaltig groß, etwas box-ig, und doch verspielt und majestätisch erhebt sich das Enchanted Storybook Castle hoch über Shanghai Disneyland. Das größte aller Disney Schlösser, so heißt es selbstbewusst. Statt einer Prinzessin ist es gleich allen gewidmet. Das zeigt sich an vielen Kleinigkeiten und Details – sowie der riesigen Galerie im Herzen des Schlosses: eine hohe Treppe geht es hinauf. Oben wartet eine charmante Reihe an Räumen, die stark an europäische Märchengärten erinnern, in der altmodisch wie modern die Geschichte Schneewittchens gezeigt wird. In Shanghai hat Disney kunstvoll seine Klassiker mit neuester Technologie versehen. Das funktioniert erstaunlich gut. Das Schloss in Shanghai wirkt dabei auf mich von allen Disney Prachtbauten am ehesten wie ein echtes, funktionierendem Schloss: mit Gängen, Räumen, seinen Boutiquen, einem Restaurant.


Ich verlasse das Schloss auf der anderen Seite, hinaus in Richtung Fantasyland: da schweift der Blick über einen halben Wald, in der Mitte ein See, auf der es per Boot an Märchen-Szenen vorbeigeht (die jedoch bei meinem Besuch gerade renoviert werden). Drumherum ein bisschen Fachwerk. Da ist das Pinocchio-Restaurant (eines der wenigen, das mit Pizza westliche statt chinesischer Kost bietet). Peter Pan’s Flight nimmt uns immer noch an Bord von fliegenden Piratenschiffen mit über die Dächer Londons nach Nimmerland. Aber mit vielen modernen Effekten, die diesen Ride deutlich und charmant von seinen Vorgängern abhebt. Die Seven Dwarfs Mine Train ist eine putzige Achterbahn, mit viel zu langer Wartezeit, die in das Bergwerk der sieben Zwerge führt. Dahinter ist Baustelle. Bald erhebt sich dort „Zootropolis“, die nächste große Attraktion des Parks.

Piraten und Abenteuer
Weiter führen mich meine Schritte einen palmenbestanden Weg entlang, zur Rechten liegt eine weite Lagune. In der Ferne lockt ein Berggipfel, von dem ein breiter Wasserfall hinabdonnert. Kanus kreuzen über den See – und da liegen dann eine Reihe Piratenschiffe vor Anker: Treasure Cove ist ein Piratenwunderland. Die Schiffe und Gassen laden zum Entdecken ein. Dann ist da das große Theater Fandango, indem eine bizarre, sehr slapstick-reiche Stuntshow mit Captain Jack Sparrow läuft – leider komplett in Mandarin. Die chinesischen Gäste lachen immer wieder laut. Die Show muss also (neben beeindruckenden Special Effects) was haben.
Die große Star-Attraktion hier und wohl auch des ganzen Parks ist jedoch Pirates of the Caribbean: Battle for the Sunken Treasure. Viele Anleihen nimmt sie sich von dem klassischen Pirates-Ride, den wir aus anderen Disneylands so gut kennen – und interpretiert sie mit neuer Technik und Story-Elementen der Filmserie komplett neu. Da tauchen wir ab in die Tiefen des Meeres, begegnen Davy Jones, landen mitten in einer wilden Seeschlacht, und meine Kinnlade fällt herab. Wow. Ein Wunderwerk, das zeigt, wie Themenparks heute in der Lage sind Geschichten zu erzählen. Ganz großes Kino, ich bekomme Gänsehaut und kaum genug davon.




Auf der anderen Seite der Lagune liegt Adventure Isle – das einzige Land des Parks, das nicht direkt auf einem bekannten Filme basiert und so versucht, eine eigene Geschichte zu erzählen. Die handelt von einem Südsee-Volk und ihrer Insel sowie einer Gruppe von Entdeckern, die dieses Eiland erforschen. Bei den Roaring Rapids geht’s dabei wild und nass einen Bergfluss hinab, knapp einem gewaltigen Urzeit-Krokodil-Monster vorbei. Die Chinesen in meinem Boot tragen alle Regenponchos, ich nicht, und am Ende lachen wir alle, wie nass der europäische Tourist geworden ist.

Dann erlebe ich zum ersten Mal eine Disney Attraktion, die mir wirklich Angst macht. So richtig. Der Camp Discovery Challenge Trail ist ein Klettergarten, ein Novum für Disney, der für jeden Schwierigkeitsgrad und Entdecker was bietet. Zielsicher wähle ich die schwerste Route, in der traumwandlerischen Überzeugung, eine Disney Attraktion könne so schlimm nicht sein. Und dann stehe ich da, mit meinem Harness zwar gesichert, auf diesem fußbreiten Absatz, rechts von mir glatter Fels und links von mir Abgrund und ein herunterdonnernder Wasserfall. Panik, Höhenangst, Scheiße. Ich kann nicht mehr, Beine wackeln, mit der Atmung ist es so eine Sache. Irgendwie schaffe ich es ein paar Schritte zurückzugehen und bin wieder auf dem breiten Weg. Auf dem bleibe ich dann auch – wer nicht so blöd ist wie ich, der nimmt die einfachen Pfade, die es überall gibt, um diesen Trail zu erkunden. Ich brauche erstmal Pause.


Zu guter Letzt liegt er noch „Soaring over the Horizon“: eine Attraktion, wie ich sie auch aus Walt Disney World kenne. Ein Flug um die Welt, über die Alpen, die Arktis, die Savannen Afrikas, Neuschwanstein ist auch dabei. Das Ganze ist hübsch in einem alten Tempel verpackt. Die Schlangen sind jedoch mörderisch und nur mit viel Glück ergattere ich eines der letzten Fastpass-Tickets für den Tag.
Die Welt von Morgen – oder heute?
Tomorrowland erstreckt sich clever über zwei Ebenen. Alles ist in Bewegung. Diese „Welt von Morgen“ vermag nicht ganz abzuschütteln, dass Shanghai selbst nur wenige U-Bahnstationen entfernt schon heute ähnlich futuristisch ist. Doch Disney’s Tomorrowland kann mit viel Optimismus für die Zukunft punkten. Eine Weile sitze ich nur da und genieße die Musik und den Flair. Mit Buzz Lightyear geht es dann in die Tiefen des Alls. Der große Blickfang in Tomorrowland ist jedoch Tron: Lightcycle Power Run – hier geht’s in die digitale Welt des „Grid“… Diese Achterbahnfahrt, tja, sie enttäuscht mich erstmal ein wenig. Zu kurz ist sie, zweifelsohne. Am Abend fahre ich sie nochmal. Der Zufall will, dass mir die erste Reihe zugewiesen wird. Und dann… wow! Nachts erstrahlt das Dach von Tron in einer bunten Lightshow, der Fahrtwind jagt mir ins Gesicht, irre, Adrenalin schießt durch meinen Körper. Geil. Ja, hat Spaß gemacht.




Dann Feuerwerk. Das Enchanted Storybook Castle erstrahlt. Ich bin happy. Und die zigtausenden Besucher anscheinend auch. Shanghai Disneyland schafft es, den Zauber Disneys hier nach China und ins 21. Jahrhundert zu bringen. Ein großartiger Parkt, der richtig Spaß macht. Ein Park, der ambitioniert ist, nicht immer perfekt, aber bei dem viel, viel Liebe für’s Detail und für’s Geschichtenerzählen dahintersteckt!


Tipps und so
Unbedingt solltet ihr euch vor eurem Besuch bereits die Shanghai Disneyland App herunterladen – mit dieser behaltet ihr die Wartezeiten für die Attraktionen im Blick und könnt auch Tickets und Fastpässe besorgen. Allerdings nur mit eigenem Disney-Konto. Das stellte sich vorab etwas schwierig heraus, da hier per SMS eine Bestätigung verschickt wird. An meine deutsche Handynummer ging das nicht, doch glücklicherweise an die (estnische!) Nummer meiner TravelSIM, die ich mir für China besorgt hatte.
Schaut am besten gleich nachdem ihr in der Früh den Park betreten habt, dass ihr einen Fastpass für Roaring Rapids oder Soaring bekommt – denn hier sind die Schlangen sonst brutal lang. Fastpass ist daher auch schnell weg für den Tag.
Außerdem: Seid früh da! Shanghai Disneyland öffnet morgens um 8:30 Uhr – und ihr steht am besten bereits um 7:30 Uhr vor dem Tor. Zusammen mit tausenden anderen Besuchern, die sich dann allerdings auf den breiten Wegen des Parks gut verlaufen. Gäste der zwei Disney Hotels können schon etwas früher und bequemer über einen separaten Eingang in Disney Town das Shanghai Disneyland betreten.
Disney Town ist ein kleiner, schön-angelegter Distrikt mit Geschäften und Restaurants (mein Highlight war das chinesisch-italienische Lokal, in dem es Pizza mit Pekingente gab). Schräg gegenüber liegt das Shanghai Disneyland Hotel mit seinem beeindruckenden Art Nouveau Interieur, das nun zu den Top 3 Disney Hotels zählt, in denen ich unbedingt übernachten möchte!

Ich selbst wählte dieses Mal das nahe und sehr neue Novotel: das ist gerade mal eine U-Bahnstation entfernt und bietet auch einen gratis Shuttle zum Park. Das Hotel hat mich voll überzeugt mit seinem ausgezeichneten Service und seinen riesigen, modernen Zimmern.
Ansonsten erreicht ihr Shanghai Disneyland einfach mit der Metro aus dem Stadtzentrum, wobei ihr am besten mal mit 45-60 Minuten Fahrt rechnet. Shanghai Disneyland ist echt einen Besuch wert und bietet viel, viel Neues und Anderes auch wenn ihr andere Disneyparks bereits kennt. Wie waren eure Eindrücke so? Freue mich davon zu hören!
Ein Kommentar zu „Shanghai Disneyland: Mickey im Reich der Mitte“