Mexiko: In die Höhe

Heute geht es hoch hinaus. Der Wecker reißt mich um 5 Uhr aus wirren Träumen. Schnell unter die Dusche, anziehen, raus aus der Tür. Ein Uber bringt uns zum Treffpunkt für die heutige Tour. Natürlich sind wir zu früh. Um halb sieben werden wir mit einem Mini-Bus abgeholt. Die Fahrt führt durch das morgendliche Mexico City: Blechlawinen auf den Straßen. Es geht vorbei an Siedlungen und Vorstädten. Ich döse auf der Rückbank. An einer Tankstelle halten wir und decken uns mit Snacks, Wasser und Coke für unsere Wanderung ein.

Der Iztaccihuatl


Dann weiter über die Autobahn. Links erhebt sich nun unser Ziel, der Iztaccihuatl. Der Name stammt aus der Azteken-Sprache Nahuatl und bedeutet „weiße Frau“. Von der Seite erinnern die Gipfel tatsächlich an ein liegendes junges Mädchen, mit Schnee bedeckt. Rechts daneben raucht der Popocatepetl – laut Legende ihr Geliebter.

Der Popocatepetl vom Cortes Pass aus gesehen


Über Serpentinen geht es durch lichte Nadelwälder immer höher. Auf 3.700 Metern erreichen wir den Cortés-Pass zwischen den beiden Bergen. Vor 500 Jahren erblickten die spanischen Conquistadores von hier aus zum ersten Mal das Land der Azteken mit ihrer Hauptstadt Technochtitlan in Mitten eines großen Sees… Heute ist hier das Besucherzentrum eines Nationalparks. Auf dem Parkplatz machen wir erste Selfies. Dann geht es mit dem Van ein letztes Stück über wacklige Straßen hoch auf 3.900 Metern Höhe, wo der Wanderweg zum Gipfel beginnt.

Die Luft wird dünn. Zum ersten Mal bekomme ich zu spüren, was das überhaupt heißt. Unser Guide ist ein brutal-fitter 65-jähriger Langstreckenläufer, wie er sagt. Er spricht hervorragend Englisch und führt unsere bunt gemischte Gruppe mit Bedacht und Witz, darunter sind Schweizer, Kanadier, Franzosen, Mexikaner, Brasilianer und eine Amerikanerin. Mit ihr und den Kanadiern unterhalte ich mich ganz gut. Sie beendet gerade eine elf-monatige Weltreise. Einer der Kanadier erzählt ebenfalls von seinen vielen Reisen – und dass er nun mit seiner Frau ein Grundstück in einem Dorf südlich von Mexico City gekauft hätte, wo beide ihren Lebensabend verbringen wollen.

Auf Wanderung am Iztaccihuatl
Baum und blauer Himmel
Blick hinunter am Iztaccihuatl


Es geht aufwärts. Der Weg ist einfach. Meine Befürchtungen, die vor allem die Tour auf den Stromboli im Jahr zuvor geprägt haben, verflüchtigen sich schnell. Die Steigung ist ordentlich, aber nicht sonderlich herausfordernd. Die Landschaft wiegt sich fast sanft. Doch die Höhenluft ist heftig. Als sei meine Lunge wie ein alter Luftballon zusammengeschrumpft. Jeder Atemzug wirkt so schwach. Ich kann nicht anders, als alle 3 bis 4 Minuten stehen zu bleiben. Durchatmen. Die meisten in unserer Gruppe geht es ganz ähnlich. Höhenkrankheit ist auf diesen Touren nicht selten. Einen erfahren Guide dabei zu haben zahlt sich aus. Einige bleiben auf halben Weg zurück. Der Ausblick ist auch hier phänomenal. Auch mir ist nach Aufhören. Doch nein. Jetzt bin ich hier. Ich mach weiter. Ich muss. Ich will. Verdammt nochmal. Die dünne Luft ist mein Feind. Ich schleppe mich den schon etwas anspruchsvolleren Geröllweg hoch. Mir ist leicht im Kopf. Obacht. Aber ich will das jetzt durchziehen. 

Gipfelkreuz
Berge in den Wolken
Rauch steigt aus dem Krater des Vulkans auf
Gras an den Hängen des Iztaccihuatl


So erreiche ich das Ziel der Tour: „Gate 2“ auf 4.400 Metern – etwa 800 Meter unterhalb des schneebedeckten Gipfels des Iztaccihuatl. So hoch war ich noch nie auf einer Wanderung. Tief durchatmen. Glücksgefühl. Und dann ist da der Blick hinüber auf den rauchenden Popocatepetl. Was für ein bildschöner Berg, denke ich mir. Ein paar Tage später lese ich dann, dass er noch am selben Abend ausbrach…

Popocatepetl und die sanfte Landschaft des Nationalparks herum


Auf zum Abstieg. Die Luft macht mir nun weniger zu schaffen und ich unterhalte mich fröhlich mit Kanadiern und der Amerikanerin. Zurück im Van sitzend, geht es den Berg wieder hinab. Kurzer Stopp für einfache Quesadillas an einer windschiefen Hütte. Dann zurück nach Mexico City, einer nach dem anderen nickt in seinem Sitz ein. Leichte Kopfschmerzen drücken gegen den Schädel. Die Höhe, oder? Gegen 17 Uhr sind wir von unserem Ausflug auf den Iztaccihuatl zurück. In 20 Minuten spazieren wir zurück zu unserem Hotel. Goldenes Abendlicht liegt über den Straßen dieser riesigen Stadt.



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