Was für ein hübsches Städtchen das kleine Albi doch ist. Der Zug bringt mich in der Früh in etwa einer halben Stunde von Toulouse aus hierher. Das Wetter ist angenehm; eine Spur kühler als in der nahen Großstadt.
In den Altstadtgassen finde ich wie erhofft einen Bäcker. Aus der Backstube, wo ein paar jungen Frauen mit mehlbefleckten Gesichtern arbeiten, dringt ein warmer, reicher Duft. Das Sandwich, für das ich mich entscheide, entpuppt sich als Gedicht aus Schinken, Frischkäse und Honig. Das Pain au Chocolat im Anschluss ist ähnlich grandios.




Im alten Bischofspalast besuche ich das Museum Toulouse-Lautrec. Der Maler ist der berühmteste Sohn der Stadt. Seine Werke wollte man nach seinem zu frühen Tod in Paris nicht. So schenkte seine Mutter die Gemälde und Zeichnungen dem kleinen Albi.
Der Kontrast zwischen den dicken gotischen Mauern des Palastes und der Bilder funktioniert prächtig. Am meisten faszinieren mich die Werbeplakate, die Henri Toulouse-Lautrec in den 1890ern für Künstler, Magazine und Theater in Paris malte. Eleganz und Fantasie kombiniert mit klaren Botschaften – Werbungen konnte auch mal Kunst sein…



Die benachbarte Kathedrale verblüfft mich. Selten passiert es, dass mich Gotteshäuser zum Schwärmen bringen. Dieses schafft es: Von Außen eine mächtige Festung aus rotem Backstein ist das Innere über und über fein bemalt. Zarte Säule schwingen sich in die Höhe, kunstvoll sind Wände und Decken verziert. Ich staune. Und doch: Albi war ebenso Zentrum der schlimmsten Seiten der Kirche. Im Mittelalter trieb man von hier aus die blutige Auslöschung der nahen Katharer-Gemeinden voran. Albi gilt auch als einer der Ursprungsorte der Inquisition.



Der Ort ist schön: der malerische Blick über den Tarn, die roten Häuser, die filigrane Markthalle, die kleinen Gassen, das herrliche Gefühl von Jahrhunderten an Geschichte. In der Sonne sitzend genieße ich auf einem kleinen, ruhigen Platz ein Glas Wein. Ein Brunnen plätschert, junge Menschen plaudern und die Bar heißt passend „Le Cosy“.



In Frankreich bleibt noch so viel zu entdecken. Dass ich Albi entdeckt habe, macht mich verdammt froh…