In breiten Bögen rollt der Bus die Straße hinunter. Von San Cristobal de las Casas geht es abwärts, tiefer und tiefer hinab, so weit oben liegt die Stadt über dem umgebenden Land. Die Aussicht ist großartig, die Erde tiefrot. Heute sind wir auf einem Ausflug: Unser Bus ist voller Touristen. Das Ziel heißt Cañón del Sumidero – Mexikos Grand Canyon, wie er uns arg großspurig angepriesen wurde.
Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir die Anlegestelle am Rio Grande. Neben dem staubigen Parkplatz reihen sich Souvenirstände, vor den Toiletten spielen zwei Männer in grell-leuchtenden Marimba-Musik. Wir nehmen uns orange Schwimmwesten und besteigen wacklig ein Boot.
Der Bootsführer spricht nur Spanisch. Ich bilde mir ein, ein paar Brocken zu verstehen. Er steuert das Boot unter einer hohen Brücke hindurch, gibt Gas und fährt in den Cañón del Sumidero hinein.

In den Bäumen links und rechts sitzen unzählige Vögel. Unser Kapitän und deutet nach rechts: Dort im braun-grünen Wasser, nur einen Steinwurf entfernt, schwimmt ein drei Meter langes Krokodil. Es lässt sich nicht stören. Sein schuppenbesetzter Schwanz rudert ruhig hin und her. Die Nackenhaare stellen sich mir auf, Adrenalin schießt durch meinen Körper. So nah dran sind wir.


Weiter fahren wir hinein in das enge Flusstal. Die Landschaft wird spektakulär: Bis zu tausend Meter hoch ragt die Schlucht in die Höhe. Drumherum Krokodile, Reiher, Kormorane, Pelikane, Leguane. Ganz nah bringt uns der Guide an zwei schwarzpelzige Klammeräffchen heran. Alles staunt, alles fotografiert. Viele Ohs und Ahs und „Schau mal da’s“ in den zig Sprachen der Touristen. Es ist schon bemerkenswert.





Aber auch links und rechts von uns: Plastik. Müll, heruntergespült von den Dörfern weiter flussaufwärts. Zivilisation oder so. Es ist zum Kotzen.
Das Boot rast nochmal über den Fluss. Rechts von mir fliegt ein Vogel direkt über das Wasser und hält unser Tempo. Fasziniert sehe ich zu.

Zuletzt erreichen wir einen Stausee. Turbinen brummen. Zwei Boote nähern sich uns. Geschäftstüchtige Männer wollen uns Chips und Sodas verkaufen. Doch keiner von uns hat Interesse, verlegen suchen wir nach irgendeiner Richtung, in die wir wegschauen können. Derweil sammelt unser Kapitän fleißig Trinkgeld ein. Dann geht’s durch den Canyon zurück zum Ausgangspunkt.

Für eine Stunde machen wir noch Halt im nahen Städtchen Chiapa de Corzo. Heute feiert man Fiesta Grande de Enero, zu Ehren des Heiligen Antonius, wie ich später lese. Ein Glück. Auf dem großen Platz mitten im Ort ist ein riesiger Rummel aufgebaut. Die Frauen tragen schwarze Kleider mit bunten Stickereien. Die Männer verbergen sich derweil hinter Masken mit bauschigen Kopfteilen.






Der Sinn mag sich mir nicht erschließen, doch fasziniert es mich. Auf dem Markt von Chiapa de Corzo essen wir eine fade Suppe und belohnen uns im Anschluss mit Eis: Tamarinde für Daniel, Ananas für mich. Es fühlt sich zu kurz an, vom Fest bekamen wir nur ein Bruchteil mit. Als hätten wir beim Durchzappen im Fernsehen kurz etwas interessantes erwischt.
Doch wir kehren bereits nach San Cristobal zurück.