Endloses Grün. Der Schrei der Tukane hallt über die riesigen Bäume. Brüllaffen liegen faul in den Ästen. Dazwischen ragen Berge aus Stein empor: die Ruinen von Pyramiden. Wir besuchen Calakmul, vor über einem Jahrtausend eine Metropole der Maya, mächtig wie Tikal oder Palenque. Heute ist die einstige Großstadt tief verloren im Urwald Yukatans.
Der nächste moderne Ort ist das zwei Stunden entfernte Xpujil, ein staubiger Ort mitten im Nichts an der einzigen Fernstraße, die Yukatans Süden von Küste zu Küste durchquert. Um 8 Uhr früh brechen wir von dort aus in einem Minivan auf – hinein in den Dschungel, ein riesengroßes Biosphärenreservat, welches auch Teile des nahen Guatemalas umfasst. Links und rechts von uns Wald, die Straße von einem dichten Blätterdach bedeckt. Wir tauchen ab in einem Ozean aus Grün.
Der Fahrer parkt, über enge Waldwege führen uns die letzten Meter. Da deutet unser Guide Miguel auf die ersten Mauerreste einstiger Paläste. Miguel ist ein belesener Mann, so um die 40, und sehr auskunftsfreudig was die Maya und die Natur um uns herum angeht. Er führt uns um ein paar Ecken und da stehen wir vor einem Berg aus Steinen: Unsere erste Pyramide.



Die engen, unregelmäßigen Stufen steigen wir empor. An der Spitze brennt die Sonne, die Luft steht in der Mittagshitze und unser Blick schweift über einen endlosen Horizont, das ganze Land von Wald bedeckt. In der Ferne erkennen wir Hügelketten. Sonst nur Dschungel und ein weiter, blauer Himmel. Wie ein gewaltiger Dom über unseren Köpfen.
So schwer vorstellbar: Wo wir jetzt stehen, da breite sich vor mehr als tausend Jahren eine der größten Städte der Maya aus. Über 50.000 Menschen zählte Calakmul. Es gab Gassen, Häuser, Paläste, Märkte, Kneipen, Handwerker, spielende Kinder, Liebe, Leid, Gelächter – alles was zu einer großen Stadt voller Leben dazugehört. In der Ferne müssen einst Dörfer gelegen haben, wo Bauern auf den Feldern arbeiteten. Nun erstreckt sich über den Resten Calakmuls schier endlos der Wald. Die stolze Zivilisation hat er fast völlig vom Angesicht der Erde gewischt. Geblieben sind ein paar Mauern – und die Pyramiden, auf denen heute auch mächtige Bäume wachsen.



Es ist ruhig hier. Fast sind wir einsam. Nur wenige Besucher nehmen den langen Weg hierher auf sich. Ein knappes Dutzend andere Touristen spazieren staunend die Waldwege entlang, erklimmen die Pyramiden, erkunden die alten Plätze. Demütig blicke ich mich ein letztes Mal um, bevor wir Calakmul und seinen Wald verlassen.

Palenque
Am nächsten Tag besuchen wir Palenque. Ein anderes Bild bietet sich hier: Die Rasenflächen sind akkurat gestutzt; die Bäume spenden Schatten, wo sich Familien ausruhen. Nach Calakmul gestern erinnert Palenque eher an einen gepflegten Park mit Ruinen. Deutlich mehr Besucher spazieren durch die Anlage und erklimmen schwitzend die Pyramiden. Die Massen verteilen sich jedoch recht gut. Vielleicht haben wir auch nur Glück und der stärkste Ansturm ist bereits abgeklungen. Es ist später Nachmittag und das Licht taucht Palenque in kräftige Farben. An den Wegen bieten fliegende Händler ihre immer wieder gleichen Nippes-Waren an. Irgendwann nervt’s leider.



Die Ruinen sind sehenswert: Recht alleine erkunden wir den zentralen Palast mit seinen offenen Räumen und der weiten Terrasse, von der die Herrscher einst ihre Stadt überblickten. Manche Pyramide besteigen wir. Langsam entdecken wir auch Ecken, in denen noch Wald die Ruinen bedeckt. Brüllaffen schreien in der Ferne (am nächsten Morgen trete ich dann auch fröhlich beim Verlassen unserer Ferienhütte in die Scheiße dieser Tiere und rede mir ein, das möge Glück bringen).


Palenque liegt attraktiv: Die Tempel und Paläste haben die Maya auf einem Hochplateau errichtet, geschützt von einer Hügelkette dahinter. Darunter muss sich einst der Großteil der mächtigen Stadt erstreckt haben. Einen Bach mit mehreren Wasserfällen folgend verlassen wir das einstige Herz Palenques und kommen an den Ruinen alter Herrenhäuser vorbei, gelangen wieder auf die Straße, die nun recht verlassen daliegt. Die paar Kilometer gehen wir zurück zu unserem Camp, direkt an der Grenze zum Naturpark Palenque.
Am Abend trinken wir Cocktails und blicken in die Sterne.
Ein Kommentar zu „Mexiko: Land der Maya“