Golden glänzen die Blätter der Bäume, ein herbstlich frischer Wind weht, die Sonne strahlt. Märchenhaft erscheinen diese unendlichen Gärten von Versailles. Verloren und berauscht wandere ich durch die riesigen Parks. Zahlreiche Brunnen tanzen immer wieder zu klassischer Musik. Der ganze Ort ist einem gottgleichen König gerecht. (Und was war mit dem Volk?).






Menschen aus allen Erdteilen kreuzen meinen Weg. Ob es Massen sind, kann ich nicht sagen: Alles ist so gewaltig groß, so unendlich im Schein, dass sich der Einzelne verliert. Vor den Toren zum Palast standen jedenfalls reichlich Besucher in einer endlos wirkenden Schlange an. Die vergoldeten Hallen interessieren mich jedoch heute nur wenig. Die Gärten sind Palast genug – ein Spektakel, ein Wunder.



Möwen kreischen. Eine Weile sitze ich am Grand Canal, ruhe meine Füße aus und genieße die Sonne. Neben mir liegen Liebende im Gras. Ach könnte dieser Moment doch eine Ewigkeit dauern…


Als nächstes spaziere ich hinüber zum Triannon, den einstigen Palast Marie-Antoinettes. Später zog Napoleons Frau Mutter hier ein. Heute gehe ich die Räume und wieder hinaus in den Garten. Weniger akkurat als nebenan sind hier die Baumreihen geschnitten, in denen ich mich verlaufe. Dann öffnet sich ein Landschaftsgarten und auf einer Weide grasen Kühe. Nach herrlichem Herumirren finde ich das Dorf der König, das Hameau de la Reine: ein Bauerndorf, wie es sich die Königin erträumte. Vor den entzückenden Häuschen gedeihen üppige Gemüsegärten. Es gibt eine Mühle, eine Molkerei, einen kleinern Leuchtturm und einen Bauernhof. Es schnattern Gänse, grunzen Schweine, gackern Hühner, blöken Schafe. Selbst ein Hund liegt gelassen in seiner Hütte. Bilderbuch-Idylle. Fast erwarte ich, einen Hobbit aus den kleinen Häusern kommen zu sehen. 200 Jahre vor Disneyland war dies perfekte Illusion. (Und was war mit der Realität?)





Der Tag verstreicht, über 25 Kilometer laufe ich zu Fuß, verrät mir jedenfalls mein Telefon. Doch bleibt noch so viel zu sehen! Dass es für den althergebrachten Gemüsegarten des Königs nicht reicht, das bedaure ich etwas. Auch von der prächtigen Stadt selbst sehe ich allein den Weg zum Bahnhof. Versailles hätte noch so viel mehr Zeit verdient. Dieses Mal bringe ich sie nicht mit. Die Sonne senkt sich, die Schatten werden länger. Verzaubert kehre ich nach Paris zurück.
Ein Kommentar zu „Versailles: Wandelnd im Garten“