Athen im Frühling. Zu Hause ist es noch kalt, wir sitzen draußen an den Straßencafés, trinken Kaffee und später Wein. Diese Sonne tut nach dem grauen Winter unfassbar gut; ein leichter Sonnenbrand ziert meine Nasenspitze. Ich bin zufrieden.
Es ist Sonntagfrüh. Unser erstes Ziel ist die Akropolis. Tausende Menschen schieben sich den Berg hinauf und durch den wunderschönen wie engen Eingang der Propyläen. Im März sind die Athener Monumente am ersten Sonntag noch kostenlos. Das nutzen Einheimischen wie Touristen, die schon so zeitig in der Saison die Stadt besuchen.
Das Trümmerfeld ist beeindruckend und das Parthenon ein zeitloser Traum aus Weiß. Jedoch: so von unten betrachtet, so als Gesamtensemble, da gefällt mir die Akropolis besser. Dennoch, wie hätte ich auch nach Athen gehen können ohne diesen Burgberg zu besuchen, auf dem schon Perikles, Platon, Sokrates stand? Diverse Götter nicht zu vergessen…
Am Fuß des Berges lockt das recht neue Akropolis Museum: das Innere besticht durch einfache Eleganz, in der die antiken Kunstwerke gut zur Geltung kommen. Viel Licht dringt durch die hohen Fenster. Auf der hübschen Terrasse direkt unterhalb des Parthenon essen wir zu Mittag. Der nette Kellner bringt Pilze in herrlich sämiger Sauce und griechischen Kräutertee. Hingerissen von Allem kaufe ich im Museumsshop zwei Bücher über die griechische Götterwelt: Sex, Mord, Eifersucht. Die Bücher lesen sich wie eine fesselnde Seifenoper.
Die antike Agora möchte ich noch sehen. Vom Museum aus gehen wir an zig gut besuchten Cafés vorbei. Die Tische auf der Straße sind voll, die Sonne lacht. Für die Agora selbst blieb reichlich wenig Zeit – schon um 15 Uhr sperrt man hier zu. Also im Schnelldurchlauf durch das einstige Herz des klassischen Athens. Nur wenig ist übrig geblieben, dafür ist es schön grün hier. Der Tempel des Hephaistos ist hervorragend erhalten, ein Arkadengang ist rekonstruiert, und in der Mitte des Geländes stehen eine Reihe hoher Statuen, die einst den Eingang zum Odeon des Agrippa bildeten – eine mächtige Musikhalle für über 1.000 Zuhörer. Wie wohl die Musik, die hier vor 2.000 Jahren spielte, geklungen haben mag…? Über allem thront in eleganter Schönheit die Akropolis.
In einem sympathischen Straßencafé direkt an den Ruinen der alten Hadriansbibliothek trinken wir Kaffee und Limonade. Die Bedienung ist von einer solchen natürlichen Freundlichkeit, wie nahezu alle Menschen, die wir in Athen kurz treffen. Weiter geht es hinauf in das Altstadtviertel Plaka, eine fast dörfliche Ansammlung kleiner Gassen, die sich um die Akropolis schmiegen. Auf unzähligen Dachterassen stehen Tische und Stühle, überall entspannte Menschen. Ein großartiges Gewusel.
Zwei mal um die Ecke und schon wird es ruhig. Katzen streifen umher. In einer verlassen wie verfallenen alten Werkshalle stolpern wir über zahllose kunstvolle Grafitti. Ist der Verfall hier selbst schon Kunst? Wunden dieser Krise, die natürlich auch weiterhin wie ein Schatten über diesem Land liegt…
In einer gemütlichen Taverne essen wir zu Abend: Alte Familienbilder hängen an den Wänden, in der Ecke steht ein altes Grammophon. Es gibt gebackenen Feta mit Honig, Blätterteig gefüllt mit Spinat und Käse, perfekt frittierte Auberginen, Hähnchen in Senfsauce, Hackbällchen mit himmlisch-zarter Minznote. Dazu Oliven. Alles ein Gedicht.
Satt, zufrieden, und angenehm angetrunken spazieren wir durch die nächtlichen Straßen zurück zur U-Bahn am Monastiraki-Platz. Straßenkünstler und hunderte Menschen jung wie alt bevölkern den Platz. Wir holen noch Kekse in einer Bäckerei und setzen uns dann in die U-Bahn zurück zu unserem Hotel am Meer. Gute Nacht Athen, morgen geht’s auf eine deiner kleinen Inseln…
Ach, wie schön grün war es noch im Frühling, jetzt ist hier alles grün schon wieder zu trockenem Gras geworden…
Hey, wir hatten dann wohl echt auch Glück mit März als Reisezeit. Frage mich ja schon, ob und wie anders mein erster Eindruck von Athen gewesen wäre, wären wir erst im Sommer gefahren…