Raus. Nur weg. Es ist September 2014. Seit 7 Monaten bin ich nun ohne Job. Absage für Absage, Enttäuschung für Enttäuschung – ich kann mich selbst nicht mehr ertragen.
Raus. Nur weg. Nachdenken müssen möchte ich nicht mehr. Mit vollgestopften Rucksack setze ich mich in den Bus nach Süden, nach Kroatien. Da war ich noch nicht. Neue Eindrücke, das alte hinter mir zurücklassen. Flucht.
Dicke Regenwolken hängen an den Hängen der österreichischen Alpen. Als wir Slowenien erreichen reisst der Himmel auf. Ein gutes Zeichen, bilde ich mir ein. Schon bin ich weg, meine Sorgen wie die Wolken hinter mir, denke ich. Mein erstes Ziel heißt Zagreb. Dort streife ich durch kopfensteinbepflasterte Gassen, sitze draußen in Cafés, besuche das überraschend bewegende Museum der zerbrochenen Beziehungen. Und ich muss nachdenken. Verflixt.
Weiter, weiter… an die Küste! Da bin ich nun in Pula, übernachte in einem in die Jahre gekommenen Hostel. In einem Touristencafé mit Blick auf einen antiken Tempel bestelle ich einen Wein nach dem anderen. Im Anschluss esse ich schlechte Pizza und besichtige mit Sodbrennen die mächtige alte römische Arena. Ein bisschen komme ich ins Träumen. Am nächsten Tag dann Meer. Das ist kristallblau und warm. Ich döse in der Sonne, lese, kucke mir die anderen Touristen an. Dann wandere ich zurück in die Stadt. Ich denke viel nach.
Egal wo ich bin: Denken, denken, denken. Ich möchte weiter davon laufen, immer weiter. Bis ich nicht mehr denken muss.
Nicht mehr an die Jobsuche, nicht mehr an die Absagen, nicht mehr an die Perspektivlosigkeit, nicht mehr an die traurige Gestalt, die ich mir einbilde zu sein.
Ich will das nicht mehr.
Doch es hört nicht auf. Vielleicht könnte ich bis ans Ende der Welt reisen. Einmal quer durch Asien. Bis nach Papua-Neuguinea. Da stünde ich dann am Strand, hinter mir der dampfende Dschungel, und vor mir der endlose Ozean. Und dann?
Ich kehre um, es hat keinen Zweck. Fahre noch durch das regennasse doch hübsche Rovinji, mich an die restliche Hoffnung klammernd, doch nicht denken zu müssen. Aber ich weiß es schon besser. Im Rathaus zeigen sie ein paar Dalí-Illustrationen. Dann weiter über das prächtige Triest. Mich zerreisst es fast. Wo soll ich bloß hin? Der Gedanke lässt mich nicht los, und er führt mich nach Hause.
Raus, weg, das hat nicht funktioniert. Flucht… wie soll ich vor etwas fliehen, das ich mit mir selbst herumschleppe? All die Ängste, die Sorgen, die Gedanken. Eine Scheiß-Situation. Ich habe mir mein eigenes Loch gegraben. Da muss ich jetzt raus. Ich weiß, dass das hart wird; dass das noch Zeit kostet; dass ich Geduld und Kraft brauche. Ich möchte weinen und tu’s auch.
So komme ich zurück nach Hause, schalte in meiner Wohnung das Licht ein.
Und denke nach.
Manche Reisen verändern uns; bewusst oder unbewusst. Sie bleiben im Gedächtnis. Darum geht’s beim Projekt 360: Um die Welt, zu dir selbst von 7 Kontinente beim dem ich mit diesem Beitrag teilnehmen durfte.
Es sollte übrigens noch einige Monate dauern, bis ich den geschilderten, schwierigen Lebensabschnitt abschließen durfte. Einige Hindernisse und schlaflose Nächte lagen noch auf meinem Weg… mittlerweile bin ich … zufrieden.
Ein Kommentar zu „Projekt 360: Flucht…“