Die Nacht in der Thuchilla-Hütte verbringen wir auf dem Boden schlafend. Zu viert liegen wir nebeneinander: Daniel, Gift unser Guide, Peter unser Porter, und ich. Um 5 Uhr halte ich es nicht mehr aus und stehe auf. Mildes Morgenlicht liegt bereits über dem Mulanje-Massiv…
Das Frühstück besteht aus Keksen, Obst und stark gesüßtem Schwarztee. Dann brechen wir auf. Die Landschaft ist atemberaubend schön, daran satt sehen kann ich mich nicht: goldgelbe Wiesen, lichte Wälder, kleine Bäche, die jetzt in der Trockenzeit kaum mehr als Rinnsale sind, über die morsche Holzstege führen. Mehrmals kommen wir an wackligen Gewächshäusern vorbei. Hier werden Setzlinge gezogen, um die Wälder frisch aufzuforsten, welche die Menschen mit ihren Bränden zerstört haben…
Die Wanderung heute ist nicht lang. Jedenfalls nicht für mich. Daniel will auf den Sapitwa, den höchsten Gipfel hier. Nochmal gut 1.000 Meter hoch, dann wieder 1.000 Meter runter. Mir ist das zu viel, noch steckt mir der Aufstieg von gestern in den Beinen – und die Erinnerung an den Hitzschlag, dem ich nur knapp entwischt bin.
Daniel steigt also mit Gift auf den Sapitwa. Ich bleibe an der Chisepo-Hütte zurück und genieße die unglaubliche Ruhe. Es ist so still… und ich bin allein. Zum ersten Mal seit einer guten Woche. Ich lese und träume vor mich hin.
Nachmittags ist Daniel zurück. Gemeinsam mit zwei jungen Holländern, Ide und Henrik, die zum Abschluss ihres Studiums durch Malawi reisen. Auf Anhieb verstehen wir uns gut. Ohne das wir es mitbekommen heizt der freundliche Hüttenwirt literweise Wasser auf – über offenen Feuer, das Holz hat er hier auf dem eh schon kargen Berg gesammelt. Wir könnten uns duschen, meint er. Genau das, was jeder Reiseführer ausdrücklich sagt, man solle es der Natur wegen nicht machen. Doof. Doch jetzt ist das Wasser schon da.
So waschen wir uns hinter der Hütte. Das Gefühl mit dem warmen Wasser an der frischen Luft den Schmutz und den Schweiß des Aufstiegs von der Haut zu spülen ist göttlich. Eine neue Geburt, ich fühle mich wieder wie ich selbst.
Dann gibt es Tee. Immer mehr Wanderer tauchen auf. Noch zwei Holländer, dann ein paar Amerikaner. Man unterhält sich, die Stimmung ist gelöst. Schnell wird es dunkel – und verflixt kalt. Die Amis arbeiten bei einer NGO im nahen Zomba und teilen mit uns schwere Militärdecken: eine von ihnen ist frisches Mitglied im Mountain Club of Malawi (M.C.M.) und hat einen Schlüssel für den Vorratsschrank der Hütte. Die Decken nehmen wir sehr gerne dankend an – genauso wie den grausig-billigen Wein, den sie auf der Fahrt nach Mulanje an einer Tankstelle gekauft hat.
Die Nacht ist dieses mal unruhiger. Vor Kälte kann ich kaum schlafen. Wir sind auf etwa 2.000 Metern Höhe, da wird es selbst in Afrika eisig… Am folgenden Morgen fühle ich mich dennoch irgendwie ausgeruht, wenn auch wacklig. Mit Ide und Hendrik verabreden wir die Weiterfahrt – sie haben sich einen Mietwagen genommen und wollen, wie Daniel und ich, weiter nach Liwonde auf Safari. So steigen wir wieder hinunter. Der Weg ist schön, bei viel Sonne und frischem Wind, mit jedem Meter abwärts wird es wärmer. Wir kommen am Chambe Bassin vorbei, ein Kessel umgeben von felsigen Gipfeln – in der Mitte eine verbrannte Wüste. Zaghaftes Grün zeigt erste, bescheidene Wiederaufforstungsbemühungen…
Der Pfad runter vom Plateau ist steinig und steil. Mit jedem Schritt schlagen meine Zehen schmerzhaft gegen die Spitze meines Schuhs, ich bin sauer und will mit niemandem reden. Die Schönheit ist vergessen, von Bergen habe ich im Augenblick die Schnauze voll, ich will runter. Erst Wochen später werde ich die Anstrengung langsam ausblenden können und mit verklärten Blick an Mulanje zurückdenken.
Mittags erreichen wir die Ranger-Station am Fuße des Bergmassivs. Hier gibt es eiskalte Cola, die ich gierig in meinen Rachen schütte. Ein großer Batzen Geldscheine wechselt die Besitzer und wir verabschieden uns von Gift und Peter.
Im nahen Ort essen wir noch Pizza. Ich bin müde. Dann ab ins Auto. Rückbank, Klimaanlage an, draußen zieht Malawi vorbei…
Ein toller Bericht, liest sich sehr gut. Und die Landschaft scheint ja wirklich fantastisch gewesen zu sein.
Das mit dem Duschen kann ich nur allzu gut nachvollziehen!
Danke dir für deinen Kommentar! :)
Die Dusche war echt… nun ja, sie tat gut. Auf ihre Weise.
Schön endlichTeil 2 zu lesen. Wieder wirklich schön geschrieben mit super Bildern!
Vg Olli von wasgesternwar
Danke dir Olli! :)