Über tiefgrüne Teeplantagen erhebt sich still und erhaben ein Gigant: Mulanje.
Ein tausend Meter hohes Felsmassiv. Oben droben eine Berglandschaft mit Gipfeln, die sich weitere tausend Meter in die Höhe schwingen. Ich blicke hoch und das Herz rutscht mir sonstwohin…
Mein Kumpel freut sich derweil wie ein kleines Kind zu Weihnachten auf den morgigen Aufstieg. Meine Laune ist schlecht. Die Nacht verbringen wir in einem einfachen Zimmer in einem weitläufigen, leicht ranzigen Hotelbau – wir sind die einzigen Gäste, es gibt kein Strom. Alles dunkel. Und nebenan thront und droht der Berg…
Mit dem Aufstieg beginnen wir später als gewollt. Es dauert, bis wir Verpflegung haben und den Startpunkt erreichen. Bleierne Hitze, kein Lüftchen weht. Unser Guide mit dem schönen Namen Gift führt uns durch einen lichten Wald, hintendrein läuft Peter, unser Porter. Keine zehn Minuten und der Schweiß rinnt mir aus allen Poren, das Atmen fällt schwer. Ich schleppe mich den Pfad entlang, der Kopf dreht sich – kurz: ich steh knapp vor einem Hitzschlag. Gleich bei Kilometer eins. Bravo.
Im Moment ist mir alles egal, ich setze mich auf den Boden, lehne mich gegen einen verkohlten Baum, hole Luft. Ist das schon das Ende? Am liebsten wäre es mir das ja, jetzt, im Augenblick. Aus dem Rucksack hole ich Wasser, kippe gleich zwei Flaschen runter. Dazu Bananen, einen Apfel, ein paar Kekse. Mein Kopf wird klar. Es kann weitergehen.
Der Weg hinauf ist nicht schwer, bloß zieht er sich gut 1.000 Höhenmeter. Die Luft wird frischer, es ist herrlich. Immer wieder kommen uns mit großer Leichtigkeit lachende Malawis entgegen, mit Holz oder Reisigbündeln auf ihren Köpfen, häufig Barfuß. Ich schnaufe.
Wir erreichen das Plateau: Mir ist, als seien wir in einem Traum! Weite Wiesen mit goldenem, sich im Wind wiegenden Gras. Hohe Gipfel drumherum. Eine klischeehaft-schöne Jenseits-von-Afrika-Landschaft. Es riecht stark nach Zedernholz.
Das kommt von den zahlreichen Bränden, ich frage Gift danach. Wilderer legen regelmäßig Feuer, um Tiere aufzuscheuchen. Dabei verbrennen die Wälder… Eine Katastrophe, eine Dummheit. Kann ich das den Menschen hier vorhalten?
Gegen 15 Uhr erreichen wir die Thuchilla-Hütte: ein schlichtes Holzhaus mit drei Räumen und großem offenen Kamin. Zwei Plumpsklos gibt es draußen; eine alte, schwarze Plastikplane dient als Vorhang und bietet etwas Privatsphäre. Fix und fertig bin ich für heute. Mein durchgeschwitztes, dreckiges T-Shirt häng ich in den Wind zum trocknen. Dann lege ich mich ins Gras und döse.
Die Sonne geht so nah am Äquator schnell unter. Blutrot und gigantisch schiebt sie sich hinter die Berggipfel. Mulanje glüht und leuchtet im Abendlicht. Ich bin verzaubert.
Und da rechts am Berghang: Feuer. Wie ein gefräßiges Biest eilt es voran, springt von Felsen zu Felsen. Als habe man dem Berg eine tiefe, schmerzhafte Wunde geschlagen… Das Feuer findet kaum ein Ende, es soll die ganze Nacht weiterglimmen.
Unser Guide Gift bietet uns zum Abendessen Reis an, den er gemeinsam mit ein paar Arbeitern gekocht hat. Höflichkeitshalber nehmen wir dankend an, sitzen auf der Veranda der Hütte und essen vor uns hin. Dann Blick nach oben:
Der Kosmos funkelt uns entgegen – mit tausenden und tausenden von kleinen, strahlenden Sternen. Mir wird schwindelig von ihrer Zahl und ich fühle mich unglaublich klein – und doch Teil all dieser Schöpfung. Links erhebt sich deutlich das Zentrum unserer Milchstraße. Wie vielen Millionen Welten wohl da draußen sind? Schweigen starren wir in die Unendlichkeit. Ich bin glücklich.
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