Nach einem Tag auf der linken Straßenseite habe ich das erstes Ziel meiner Englandreise erreicht: Weymouth. Vor mir erstreckt sich eine weite Bucht, links in der diesigen Ferne sehe ich kreidebleiche Klippen. Dahinter der Ärmelkanal. Ein paar Mutige haben sich ins Wasser gewagt; mir ist kalt.
Weymouth ist ein in die Jahre gekommenes englisches Seebad: Hübsche alte Häuser, ein ramschiger Rummelplatz am Strand und eine traurige Promenade, hinter der sich viel zu viele Autos auf der engen Hauptstraße stauen. Eine dieser bescheuerten Touri-Bimmelbahnen – die doch nicht mehr als Traktoren mit Menschen-Anhängern sind – bringt Gäste von hieraus zur örtlichen Sea Life Filiale. Der Himmel ist grau. Alles in allem: Ein deprimierender erster Eindruck.
An einem großen, überbordend dekorierten Uhren-Turm sammelt sich eine Gruppe Jugendlicher. Zwei Jungs, irgendwas zwischen 18 und 20 Jahre alt, geben den Ton an. Sie tragen Lederhosen und sprechen tiefstes Bayerisch. Zu Hause sind Sommerferien, denke ich mir.
Am Abend dann Feuerwerk. Es nieselt. Nur wenige Gäste haben sich auf der Strandpromenade eingefunden. Es blitzt und funkt am Himmel, dann ist es vorbei. Weymouth scheint mir verzweifelt aus der Zeit gefallen.
Sonne
Sonnenschein mildert meine Stimmung: Am Strand sehe ich lachende Kinder spielen. Im Wind tanzen bunte Lenkdrachen. Ich höre Möwen kreischen. Möwen werde ich in ganz England hören. Überall. Möwen sind der Soundtrack dieser Insel.
In einem Supermarkt finde ich endlich einen Adapter für englische Steckdosen. In meiner Eile hatte ich den für die USA eingepackt. In der Kassenschlage macht ich mit dem fein geordneten Konzept des englischen Wartens Bekanntschaft.
Ich hole mein vor der Stadt geparktes Auto, wage mich wieder auf die englischen Straßen. An der kleinen Pension mit dem sympathischen Wirtspaar, die mir gerade noch erzählen, dass sie demnächst nach Disney World fliegen, hole ich meinen Koffer. Dann fahre ich in die Wohngebiete von Weymouth.
Gestern war ich auf einer Hochzeit, nun bin ich zum Brunch eingeladen. Einer meiner besten Freunde, ein Londoner, hatte auf einem perfekt-kitschigen englischen Landsitz seine strahlend schöne Braut geheiratet. Ein gelungenes Fest. Jetzt stehe ich im Garten seines Schwiegervaters neben ihm, denke an all die Jahre, die ich ihn kenne. ich bin dankbar für die Einladung zu seiner Hochzeit und bin dankbar ihn als Freund zu haben.
Wir nehmen uns in die Arme, ich verabschiede mich von ihm. Ich setze den Wagen zurück und fahre gen Westen.
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