Ich bin zurück
Wenige Meter genügen: ich spaziere den Boulevard Voltaire entlang und grinse über das ganze Gesicht. Ich bin zurück in Paris, zum ersten Mal seit Jahre, und ich bin glücklich. In einer eleganten Bäckerei, direkt an der kleinen Stube, die ich über AirBnB gebucht habe, gebe ich mich voller Lust der Versuchung hin: Pain au Chocolat, Croissant, ein Tütchen voller zarter Madeleines.
Bei der Einfahrt meines Zuges am Vorabend sah ich zu meiner Überraschung den Eiffelturm über den Dächern aufragen. Die Metro brachte mich in dieses hübsche Viertel zwischen Nation, Republique und Bastille (oh diese großartigen Namen!).
Mein Zimmer ist so armselig, dass es fast schon wieder herrlich ist (doch dort leben müssen?). Es ist in einem uralten Hinterhaus, meine Toilette klebt abenteuerlich am Treppenhaus. Bei geöffnetem Fenster ist alles ruhig – ich schlafe in dieser Woche Paris hervorragend.
Ich will mich in diesen Tagen nur treiben lassen, was mir sehr gut gelingt. Paris ist eine wunderbare Stadt dafür. Ich folge dem Park, der über ein altes Eisenbahnviadukt führt. Zahllosen Joggern gilt es auszuweichen. Ich fotografiere die Fassaden der Häuser. Ein älterer Herr spricht mich an, ich stammle zurück, und finde es schade, dass mein Französisch nicht ausreicht, um mich mit ihm tiefer zu unterhalten.
Per Zufall, denn mein Ziel war es nicht, komme ich in die Avenue Ledru Rollin. Vor zehn Jahren wohnte ich einen Sommer lang hier in einer Dachgeschosswohnungen. Eine ganze Reihe der Geschäfte erkenne ich wieder, doch welche der stolzen Türen die meine war, kann ich nicht mehr sagen.
An der Bastille entdecke ich einen bunten, lebhaften Straßenmarkt. Dichtes Gedränge, lauter Menschen, Marktschreier, Obst, Gemüse, Gebäck, Fisch, noch lebende Krustentiere. Ein Metzger zieht die Gendärme aus einem gerupften Huhn. Es riecht nach Brathähnchen. Es gibt Würste, Käse, Brot, Baklava, Wein – aber auch Flohmarktbuden, bunte Kleider, alte Zeitschriften. Ich esse eine kleine Quiche Lorraine und bin mit der Welt zufrieden.
Die Republik feiert sich
Vor dem Invalidendom feiert sich das französische Militär selbst. Mir will sich dieses Getue nicht erschließen. Doch die Republik ist stolz auf sich. Als die Militärkapelle die Marseillaise anstimmt, da murmelt die Dame links neben mir den Text mit.
Im Jardin Rodin, wo einst der große Bildhauer tätig war, schlendere ich unter den Bäumen, betrachte des Werke des Meisters und sitze schließlich in der warmen Sommersonne. Das Palais wird saniert, gegenüber errichten Männer eine Bühne. Es ist hier nicht so ruhig, wie erhofft. Jedenfalls nicht heute. Also weiter durch die wunderbaren Straßen dieses wunderbaren Paris. In den Tuilerien beobachte ich Touristen. Von einem Blumenbeet voller Lavendel steigt ein herrlicher Duft empor.
Heute ist mein vierter Tag in dieser Stadt. Meine Beine brennen mit jedem Schritt. Es reicht, die Luft ist raus. Meine Batterien sind leer. Ich schleppe mich die Champs Elysées hinauf. Mir ist alles zu viel, vor allem die Menschenmassen. Die Leute gehen mir auf den Zeiger.
Ich gehe ins Kino. Zwei Stunden sitzen. Zwei Stunden Ruhe. Und Klimaanlage.
Nach dem Film – im englischen Original – fühle ich mich besser. Von Chatelet spaziere ich durch das fröhliche Marais, diese bunte Mischung aus jüdische-orthodox und Regenbogenfahnen. Am Bistro schräg gegenüber von meiner Wohnung genehmige ich mir noch ein Glas Chardonnay. Danach schlafe ich bestens.