Seoul: Jetlag

Eine neue Welt: 9 sagt die Uhr, ich will widersprechen.

Die Nacht war kurz, wir eilten durch sie hindurch. Im Morgengrauen Landung in Incheon. Der Flughafen ist neu, modern, spotless. Eine junge Koreanerin in Uniform schaut in den Pass. Sie begrüßt mich freundlich. 
Ich suche den Flughafenexpress, nehme im Zug Platz und schaue wenig später zwischen Küste und Hinterland auf eine koreanische Watt-Landschaft, welche an meinem Fenster vorbeifliegt.
Die Fahrt nach Seoul vergeht schnell.

Dort Umstieg auf die U-Bahn. Mit meinem Gepäck auf dem Rücken fühle ich mich wie ein Störfaktor. Es ist voll, auch hier müssen die Menschen zur Arbeit.

An der EHWA Womens University steige ich aus, Daniel – der mittlerweile schon vier Monate hier in Seoul lebt – holt mich ab. Er bringt mich zu seiner kleinen Einzimmerwohnung, dann muss er gleich weiter. An einer nahen Sprachschule lernt er Koreanisch.

Und nun schau ich auf die Uhr, lege ich mich hin, nur kurz. Schlafen werde ich eh nicht können, bin ich sicher. Mir fallen die Augen zu. Plötzlich ist es nach 13 Uhr. Wo ist die Zeit hin? Komaschlaf. 
Daniel ist zurück und wir brechen auf in diese große Stadt.

Eines der mächtigen alten Stadttore von Seoul ist heute von Wolkenkratzern umgeben

Seoul ist nicht schön. Dafür faszinierend. Chaos, das aber ordentlich. Bei der Einfahrt der U-Bahnen ertönt eine lustige Fanfare, in den Wagen starrt ein jeder auf sein Smartphone. Korea, Samsung-Land. Geschmackvoll und gut gekleidet sind die Menschen, das fällt auf.

Das sonst eintönige Stadtbild ist mit Leben gefüllt. Überall gibt es Essbares: Restaurants, Cafés, Garküchen, Straßenstände. An Kiosken kann man sich Plastikbecher mit Instant Nudelsuppe in Mikrowellen warm machen.

An der City Hall steigen wir aus. Das Gebäude ist spannend: zeitgenössische Architektur trifft japanischen Kolonialbau.
Es nieselt, der Himmel ist grau. Mir fehlt die Orientierung.

Am Eingang dieser Teestube hängt ein altes Plakat mit koreanischen Schriftzeichen

In einem Teehaus kehren wir ein. Nett eingerichtet ist es hier. Viel Holz, viel alt. Der Tee ist ausgezeichnet.

Die Einkaufsstraßen sind voller Boutiquen, Kaufhäuser, Krämerläden, Straßenverkäufern. Überall soll man kaufen! Kaufen! Kaufen! Mir ist das zu anstrengend, Daniel kauft ein T-Shirt.

Ich sehe eine unglaubliche Vielfalt an Essen. Überall. Reizüberflutung. Dazu Jetlag. Wie spät ist es eigentlich? Ich bin müde.

Nun aber Abendessen. Daniel führt mich in ein All-You-Can-Eat Barbecue Lokal. Der Trick: das Fleisch grillen wir direkt am Tisch. Über dem Grill in der Tischmitte hängt ein breites Belüftungsrohr. So sehen auch die gut 20 übrigen Tische des Lokals aus.
Im auslaufenden Fett des Fleisches brät Gemüse. Ist das Fleisch fertig, falten wir es zusammen mit scharfer Sauce in ein Salatblatt ein. Dann in den Mund. Es ist sehr gut. Dazu trinken wir koreanisches Bier.

Zwei Spielkarten mit koreanischen Motiven kennzeichnen die Tische in diesem Barbecue-Lokal in Seoul

Bunte Neonreklamen auf den Kneipen und Lokalen von Seoul am Abend

Ich will ins Bett. Davor noch ein Halt in einem 7-Eleven, einem dieser zahllosen Mini-Supermärkte, die zum südkoreanischen Straßenbild gehören. Ich kaufe Wasser und Kekse. Die junge Verkäuferin ist ein hübsches Mädchen. Sie hört über eine Stereoanlage hinter der Kasse Mozart.

Mir gefallen die Menschen hier, denke ich noch. Dann falle ich, endlich, in tiefen Schlaf.

–Mai 2013–

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Mehr über meine Japan & Korea Reise 2013 :

 

2 Kommentare zu „Seoul: Jetlag

  1. Sehr schön geschrieben (dein letzter Absatz mit Mozart hat mich sehr an Murakamis Schreibstil erinnert, hihi).

    Nach Seoul würde ich jetzt am liebsten sofort, obwohl mir diese Welt ja nicht so fremd ist (deine Beschreibung hätte auch auf Shanghai gepasst – bis auf die gut gekleideten Menschen vielleicht ;-)).

    1. Jetzt bin ich aber arg geschmeichelt – Murakami? Danke dir! :)

      Mehr Seoul kommt nächste Woche. Die Stadt hat ja einiges zu bieten. Schön ist sie wirklich nicht (Gruß an den Korea-Krieg an dieser Stelle), doch spannend. Die kleine, noch etwas hässliche Schwester von Tokyo.
      Mit den chinesischen Metropolen kann ich sie leider (noch) nicht vergleichen.

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