Am Ufer der Donau ist es warm an diesem Spätnachmittag im März. Über dem Burgberg geht die Sonne unter, und wir sind erschöpft nach einem Tag in Budapest.
Dutzende Schuhe aus rostigem Eisen stehen neben uns auf der Flussbefestigung. Erinnerungen an die, die in Budapest während des Holocausts ermordet wurden. Die Juden wurden an die Donau getrieben, musst dort ihre Schuhe ausziehen, schließlich feuerten die Mörder ab. Die Leichen fielen direkt in den dahinziehenden Fluss.
Budapest ist voller Geschichte. Auch schöner. Der Tag begann für uns am Morgen mit diesem neugotischen Mammut, welches das ungarische Parlament beheimatete. Zu blendend war es jedoch draußen, und die Warteschlange zu lange, als dass uns ein Besuch dieses hohen Hauses hätte reizen können.
Wir gehen stattdessen über eine der Brücken in den alten Stadtteil Buda. Die Donau ist hier so breit. Was ungewohnt ist für mich, der seine Jugend weit flussaufwärts in Schwaben verbracht hat. Ist das noch die Donau, die ich kenne?
Den Burgberg hinauf nehmen wir die alte Zahnradbahn, vor der nur Touristen stehen. Wir müssen eine Weile warten. Zu Fuß hätten wir wohl schneller oben sein können, doch die kurze Fahrt in der uralten Holzkabine hat Charme. Wir sind begeistert wie die Kinder.
Wir streifen durch die Gassen, die so viel älter und schlichter doch schön aussehen als die Art Nouveau Bauten mit ihren so schmuckvollen Fassaden auf dem anderen Donauufer.
Von der zuckerweißen Fischerbastei schweift der Blick über Fluss, Parlament und Pester Neustadt, die uns mit ihrer Architektur, ihren weiten Boulevards, Plätzen und vielen Straßencafés schon am Tag zuvor in ihren Bann ziehen konnte.
Musiker spielen Mozart und Strauß’ Walzer. Touristen wuseln, doch bei weitem nicht in solchem Übermaß wie es etwa in Prag der Fall war. Budapest ist entspannter.
Zu Mittag setzen wir uns an die Tische vor einem Lokal, bestellen Chicken Paprikash und ich trinke dazu ungarischen Weißwein. Beides ist hervorragend. Uns gegenüber stehen die Ruinen einer Kirche. Die Garnisonskirche sei das gewesen, teilte uns ein alter Ungar auf Deutsch mit, welche die Deutschen kurz vor Kriegsende angezündet hätten. Dann geht er einfach weiter.
Immer noch ist es warm. Man möchte meinen es sei Sommer, und wir am Mittelmeer. Weiter streifen wir durch die Altstadtgassen, hinüber zum ungarischen Köngisschloss, das hoch über Donau und über Stadt thront. Hier kann man Bogenschießen, wenn man das möchte.
Bergab und bergauf gehen wir zur auf dem Nachbarhügel stehenden Statue der Freiheit, ein Monument aus weißem Marmor, welches kurz nach dem Krieg zu Sowjetzeiten errichtet wurde.
Budapest ist voller Denkmäler aus verschiedensten Epochen, das hier mag das größte sein. Österreicher, nationalistische Ungarn, demokratische Ungarn, kommunistische Ungarn, die Sowjets und seit Neuestem Viktor Orban und seine fahnenschwingenden Anhänger haben ihre Spuren hinterlassen. Mitten in der Stadt gibt es noch ein russisches Kriegerdenkmal. Darauf zu läuft heute eine Bronzebild Ronald Reagans.
Erinnert sich eigentlich noch wer an den Kalten Krieg?
Zurück in der Neustadt gönnen wir uns auf der Terrasse eines Cafés noch Kuchen, Kaffee und hausgemachte Limonade. Jedenfalls behauptet das die Speisekarte.
Es gibt wunderbare Kaffeehäuser in Budapest. Und noch besseren Kuchen.
Es wird spät, das Licht bereits golden. Zwischen der schönen, alten Kabelbrücke und dem Parlament gelangen wir schließlich zu den Schuhen.
Wir setzen uns. Neben uns junge Leute, alte Leute, Touristen, ganz Budapest.
Die Stadt ist schön.
Was für ein schöner Artikel über Budapest. Ich habe bis vor kurzem noch da gelebt, und mein Herz gehört definitiv dieser Stadt! Und deshalb freu ich mich immer, wenn es jemandem anders, wie Dir, auch gefällt!
Kleine Anmerkung: Die Brücke, die Du Kabelbrücke nennst, heißt meines Wissens Kettenbrücke… Zumindest ist das die richtige Übersetzung (ung. Lánchíd). Oder nennt man die im deutschen auch Kabelbrücke? Dann hätte ich was neues gelernt. :)
Danke dir – Budapest ist wirklich eine wunderbare, sehr lebendige Stadt. Gerne wieder.
Und du hast Recht! Woher habe ich denn bloß Kabelbrücke? Im Reiseführer steht’s richtig drin.
Sehr wahrscheinlich: ein kurzer, gedanklicher Kurzschluss meinerseits beim Schreiben. ;)
Hat dies auf weltschaukasten rebloggt und kommentierte:
Aus dem Archiv: vor einem Jahr – ein wunderbares Frühlingswochenende in Budapest,
dieser Schönheit an der Donau
… der Ohrwurm dieses Wochenendes ;)
:-)
Wunderbarer Beitrag – wir waren schon 2 x privat da – einmal im Sommer und im Winter – egal wann – ist immer eine Reise wert…. LG aus Wien
Danke dir! :D
Budapest besuche ich gerne wieder – dieses Jahr ist aber erstmal Wien wieder dran! ;)
Gruß zurück aus München!
Na dann viel Spaß;) Wien ist eine sehr schöne Stadt mit sehr vielen netten Ecken. München möchten wir uns auch gerne mal anschaun – bisher waren wir nur in Köln/Hamburg/Berlin/Dresden und Stuttgart